Die dpa-Tochter news
aktuell hatte heute Abend zur Podiumsdiskussion ins Münchner Haus
der Bayerischen Wirtschaft geladen. Thema war "Kommunikation 2020 –
Aufbruch in ein neues Informationszeitalter?" Eine Frage, über die sich
vier Diskutanten und ein Moderator unterhalten wollten. Die Teilnehmer
waren Terry von Bibra, der Geschäftsführer von Yahoo Deutschland, Helmut
Freiherr von Fircks, Geschäftsführer bei F&H Public Relations, Jochen
Wegner, Chefredakteur von Focus Online und Professor Peter Wippermann,
Gründer und Gesellschafter von Trendbüro, einem Beratungsunternehmen für
gesellschaftlichen Wandel. Das Gespräch leiten sollte der
Kommunikationsberater Klaus Eck.
Wie die Kommunikation in zehn Jahren aussehen würde, wussten die
Diskutanten auch nicht. Das machte aber nichts, denn dazu befragte der
Moderator sie zunächst auch nicht. Stattdessen ging es los mit Second
Life und warum sich die virtuelle Realität nicht durchgesetzt hat. Dann
kam das Gespräch auf das iPad und seine Bedeutung für die Medienszene.
Jochen Wegener erzählte, dass sich seine Kinder damit gerne die
Sesamstraße ansehen. Helmut von Fircks fand das Gerät gut als eine Art
vereinfachten Computer für Senioren und wies darauf hin, dass es sich um
ein Nischenprodukt handele. Das konnte schnell bestätigt werden: Bei der
Frage von Klaus Eck, wie viele der vielleicht zwei- bis dreihundert
anwesenden Medienarbeiter bereits ein iPad besäßen oder sich zumindest
eines zulegen wollten, gingen vielleicht zehn Hände hoch.
Etwas besser sah es bei Twitter aus: Etwa ein Drittel der Anwesenden
meldete sich, als nach den aktiven Twitterern im Saal gefragt wurde.
Jochen Wegner berichtete begeistert, dass seine Redaktion dank der Infos
aus dem Twitter-Universum schneller als die meisten Konkurrenten wusste
und melden konnte, dass Michael Jackson gestorben war. Auch die
Nachricht von der Notwasserung eines Flugzeugs auf dem Hudson River habe
sie auf diese Weise früher ins Netz stellen können. Was Twitterer damit
von Bild-Leserreportern unterscheidet, blieb allerdings unklar.
Einige Trends in der Kommunikation konnte das Podium allerdings dann
doch ausmachen: So verlagere sich der Journalismus von den unabhängigen
Medien immer mehr in Richtung Unternehmen und PR. Die Privatsphäre löse
sich immer mehr auf, da die Unternehmen von ihren Mitarbeitern zunehmend
verlangen, dass sie auch am Abend und am Wochenende online erreichbar
sind. Das Private wird zu einer Art Währung, von der im Moment
allerdings noch niemand sagen könne, was sie wert sei. Allerdings würden
die modernen, digitalen Medien von den Menschen heute privat meist schon
intensiver genutzt als von den Unternehmen. Viele Firmen würden es ihren
Mitarbeitern sogar verbieten, am Arbeitsplatz die Instrumente des Web
2.0 zu nutzen. "Die Zukunft ist eigentlich hier, aber wir verdrängen sie
die ganze Zeit", fasste Professor Wippermann den Stand der Dinge
zusammen.
Insgesamt stand dieser Abend von vornherein unter einem schlechten
Stern. Dieser Stern war in diesem Fall eine Twitterwall (http://twitterwallr.com),
die auf die Wand hinter den Diskutanten projiziert wurde und jeweils die
letzten zwölf Postings mit dem Hashtag #mediacoffee
anzeigte. So sollte das Publikum im Saal mittels seiner Mobilgeräte und
über Twitter eigene Fragen stellen und Diskussionsbeiträge liefern
können. Leider hätten der Moderator und die übrigen Podiumsteilnehmer
die Tweets nur dann sehen können, wenn sie sich ständig umgedreht
hätten, was sie aber natürlich nicht taten. So nutzten einige Zuhörer
den digitalen Kanal, um das Geschehen auf der Bühne teils recht hämisch
zu kommentieren, was bei den mitlesenden Kollegen im Saal immer wieder
für Unruhe oder sogar Lachanfälle und beim nicht mitlesenden Podium für
Irritationen sorgte. Zumindest das wird bei der Kommunikation im Jahr
2020 wohl anders laufen.
Wer’s übrigens nachlesen möchte, braucht auf Twitter lediglich nach #mediacoffee
zu suchen. Und hier
findet man ein leider unscharfes Foto von Publikum, Podium und der
fiesen Twitterwall.