Ein Mann und seine Messer
Zu Anfang von "Machete" sieht man einen Wagen, ein schon etwas älteres,
amerikanisches Modell, auf einer Landstraße durch eine flache, grüne
und, wie man an der leicht flirrenden Luft erkennen kann, offensichtlich
heiße Landschaft fahren. Ein Schriftzug wird eingeblendet; in großen,
gelben, eckigen Buchstaben, die auch über der Tür eines Western-Saloons
stehen könnten, erscheint das Wort "MEXICO". Wenn man es noch nicht
wüsste, wäre spätestens jetzt klar, dass man einen Robert-Rodriguez-Film
sieht.
Mexiko, das ist bei Rodriguez niemals nur der Staat in Mittelamerika. Es
ist ein ferner Ort, um den sich Legenden ranken, wo die Regeln der
westlichen Zivilisation nur eingeschränkt gelten, wo man Konflikte noch
ungestraft mit Waffen austragen kann und gewöhnliche Polizisten
unbekannt sind. Männer sind hier noch richtig harte Kerle, die wenigen
Frauen sind entweder schöne, toughe und unabhängige Kämpferinnen oder
verführerische Schmusekatzen, die vorzugsweise die Nähe von Bossen des
organisierten Verbrechens suchen. Mexiko ist ein Macho-Traum.
Wie schon in Rodriguez‘ Mariachi-Trilogie ("El
mariachi", "Desperado",
"Irgendwann
in Mexiko") geht es auch in "Machete" um Rache. Die Familie des
Bundesagenten Machete Cortez (Danny Trejo) wird von der Bande des
Verbrecherbosses Torrez (Steven Seagal) vor seinen Augen brutal
abgeschlachtet. In der Folge zieht er als Tagelöhner durchs Land, bis er
in einer Grenzstadt in einen Konflikt hineingezogen wird, bei dem es um
illegale Einwanderer in die USA geht, um Gangster, die mit diesen Leuten
Profit machen wollen, um einen korrupten, rechtsnationalen Politiker
(Robert de Niro) und einen amoralischen Unternehmer (Jeff Fahey). Zu den
Guten gehören eine verdeckt arbeitende Agentin der Einwandererpolizei
(Jessica Alba) und die Besitzerin eines Taco-Ladens (Michelle Rodriguez,
nicht verwandt mit dem Regisseur), die in Wirklichkeit die Chefin eines
Netzwerks ist, das den Illegalen hilft.
Den Weg zu beschreiben, wie sich Machete durch dieses Gestrüpp von
Interessen kämpft und schließlich seine Rache bekommt, ist müßig. Der
Film ist eine Aneinanderreihung von Actionszenen, Machetes Messer trifft
auf großkalibrige Waffen, übermotorisierte Autos bekämpfen den Feind mit
Raketenwerfern und Maschinengewehren, Blutlachen versickern in staubigen
Böden, Gliedmaßen werden abgetrennt und große, dunkle Löcher zeigen, wo
Kugeln in einen Körper eingedrungen sind. Wie immer bei Rodriguez sind
die Gewalt- und Actionszenen so übertrieben, dass es an eine Parodie
grenzt. "Machete" bewegt sich auf einem schmalen Grat zwischen
Ernsthaftigkeit und Farce und erinnert mit den unmöglichen Stunts, den
stilisierten Gesten seiner Hauptdarsteller und den meist knappen
Dialogen oftmals an einen Comic. Man muss diesen typischen
Rodriguez-Stil nicht mögen, aber es ist klar, dass es für so etwas eine
Fangemeinde gibt. Der Regisseur trägt dem Rechnung, indem er nicht nur
etliche Szenen aus seinen Mariachi-Filmen, aus "From
Dusk till Dawn" und "Planet
Terror" zitiert, sondern teilweise auch das gleiche Personal
einsetzt. Neben Danny Trejo erkennt man den bei Rodriguez nahezu schon
unvermeidlichen Cheech Marin sowie Tom Savini, der bei "From Dusk Till
Dawn" einen unvergesslichen Auftritt als eine Figur namens "Sex Machine"
hatte.
Robert Rodriguez dreht Genrefilme, die zumeist erst ab 18 Jahren
freigegeben sind. Viele davon sind im Grunde klassische B-Movies, die
mit Schauspielern, die man gerne (wieder-)sieht, sowie mit spektakulär
choreographierter und inszenierter Action aufgepimpt werden. "Machete"
reiht sich da nahtlos ein. Es ist zwar nicht sein bester Film, er macht
aber auf jeden Fall Spaß.
"Machete"
in der IMDB
Der deutsche Trailer:
Ausgangspunkt für "Machete" war übrigens ein Trailer, den Rodriguez 2007
in
"Grindhouse"
eingebaut hatte, das B-Film-Double-Feature, das er zusammen mit Quentin
Tarantino realisierte. Er hatte ihn bewusst mit Bildstörungen und
Knacksern versehen, um das Look & Feel eines Trashfilms aus den 70er
Jahren wiederaufleben zu lassen. Das sah damals so aus: