Godzilla ist wieder da
Godzilla ist mehr als ein Film oder ein Monster, es ist ein Mythos. Die
Geschichte der Riesenechse, die durch Atomtests geweckt wird und
anschließend vornehmlich japanische Städte in Schutt und Asche legt, ist
fester Bestandteil der Popkultur des 20. Jahrhunderts. Die Wandlung von
Godzilla von einer Bedrohung hin zu einem Beschützer Japans vor immer
neuen Bestien, ist immer wieder als Reaktion auf die Atombomben-Abwürfe
über Hiroshima und Nagasaki interpretiert worden. Insofern war der
Godzilla von Roland Emmerich im Jahr 1998 einigermaßen respektlos,
was die Tradition der Filme angeht, die Fans waren entsetzt. Die neue
Verfilmung von Gareth Edwards hingegen zeigt wieder viel Respekt für die
lange Tradition des Stoffes.
Der Regisseur hatte sich bereits vor vier Jahren in seinem Film "Monsters"
mit vermeintlichen Untieren beschäftigt. Das Hauptmotiv war damals
bereits das gleiche wie heute bei "Godzilla": Gegen die Kräfte der Natur
kann der Mensch nicht gewinnen. Deutlich wird das an zwei Aspekten, auf
die Edwards in seiner Godzilla-Version erkennbar besonderen Wert legt:
1. Das Monster ist riesig. Er ist so riesengroß und stark, dass ihm
menschliche Waffen nichts anhaben können. 2. Godzilla beschützt die
Menschheit vor anderen saurierähnlichen Wesen, da sie selber dazu nicht
in der Lage ist.
In diesem Fall werden sie MUTOs genannt, Massive Unidentified
Terrestrial Organisms, und sie weisen eine deutliche Ähnlichkeit mit
Flugsauriern auf. Anders als diese Urzeitmonster ernähren sie sich
jedoch von radioaktiver Strahlung und verwandeln sie im Notfall in einen
EMP, einen elektromagnetischen Impuls, der sämtliche elektrischen Geräte
in weitem Umkreis lahmlegt. Wie ihnen das evolutionär weitergeholfen
hat, bleibt unklar. Ihr Heißhunger auf Strahlung bildet zumindest die
Grundlage für einige witzige Szenen, in denen man die Saurier beim
Naschen von atomaren Gefechtsköpfen beobachten kann. Außerdem frisst
einer von ihnen große Teile eines atomaren Endlagers leer und man
überlegt sich, ob das nicht die Lösung für einige drängende Probleme der
deutschen Energiewirtschaft sein könnte.
Andrews kennt die Regeln für die Gestaltung von Godzilla, und er befolgt
sie. So ist die Hauptfigur bei ihm wieder eine echte Echse mit einer
Vorliebe fürs offene Meer, mit einem stacheligen Rückenpanzer und einem
Plasmastrahl als Waffe. Und auch der berühmte Schrei ist wieder da,
dieses heisere Heulen aus tiefster Monsterkehle.
Die Story dieser Neuverfilmung basiert leider auf einem der schwächsten
und verworrensten Drehbücher, die in den letzten Monaten auf die
Leinwand kamen. Die beiden bekanntesten Darsteller, Bryan Cranston ("Breaking
Bad") und Juliette Binoche ("Der
englische Patient"), die seine Frau spielt, müssen bereits in
der ersten Hälfte des Films sterben. Übrig bleibt ihr Sohn Ford Brody
(Aaron Taylor-Johnson), der im Verlauf des Films die unheimliche und
wenig glaubhafte Fähigkeit entwickelt, jegliche Katastrophe entweder als
einziger oder zumindest als Mitglied einer kleiner Gruppe zu überleben.
Züge mit Hunderten von Menschen stürzen von Brücken, Boote werden von
den MUTOs angegriffen, Passanten werden von zusammenbrechenden
Hochhäusern begraben – Ford Brody steht immer wieder auf. Währenddessen
sieht man seine schöne Frau Elle (Elizabeth Olsen) die meiste Zeit mit
besorgtem Gesichtsausdruck durch die Straßen von San Francisco laufen.
Ken Watanabe ("Last
Samurai", "Inception"),
ein sehr guter und effizienter Schauspieler, muss hingegen einen
Wissenschaftler mimen, der ständig von allen Seiten um Rat gefragt wird,
ohne jedoch nur einen einzigen wertvollen Hinweis geben zu können. In
einer Szene schließt er aus dem Fehlen von Flügeln bei einem der MUTOs
messerscharf, dass dies das Weibchen sein müsse.
Große Teile der Handlung sind einfach Unsinn. Die Zahl der logischen
Brüche entspricht in etwa der Zahl der Brücken, die in den zwei Stunden
Laufzeit umgestoßen, in der Mitte auseinandergerissen und durchtrennt
werden.
Der Grund, weshalb man sich diesen Film dennoch anschauen kann, liegt
bei den Bildern. Es gibt einige beeindruckende Szenen, in denen die
riesige Gestalt von Godzilla aus der Dunkelheit hervortritt wie ein
gigantisches Unheil, das über die Stadt kommt. Auch die Bilder von den
Fallschirmspringern, die mit ihren roten Signalfackeln aus einem
giftigen, gelb-braunen Himmel herabfallen, sind atemberaubend. Gut
gemacht sind auch die Lichter von fernen Feuern, wo Panzer und Soldaten
einen aussichtslosen Kampf gegen MUTOs führen.
"Godzilla" ist etwas für Liebhaber. Die Vorgeschichte von Ford Brodys
Eltern ist zu lang, die Geschichte bewegt sich ähnlich langsam voran wie
die Monster, viele Figuren und Nebenhandlungen sind überflüssig, die
Story hat mehr Löcher als ein Hochhaus nach einer Begegnung mit dem
Schwanz des Riesenreptils. Echten Godzilla-Fans ist das egal. Und für
alle anderen hält der Film einige wirklich tolle CGI-Bilder bereit.
"Godzilla
(2014)" in der IMDB
Der deutsche Trailer: